AUSGABE DER WERKE GALENS (VENEDIG 1525): DAS HANDEXEMPLAR DES JANUS CORNARIUS
Die fünf voluminösen Bände sind in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung. Zunächst sind sie buchgeschichtlich ein Meilenstein. Es handelt sich um die erste Druckausgabe der Werke des berühmten griechischen Arztes Galen (gestorben wohl nach 204) im Originaltext, besorgt von Andreas Asulanus in Venedig. Asulanus war der Schwiegervater und Mitarbeiter eines der größten Buchdrucker und Verleger überhaupt: Aldus Manutius (1449-1515). Die Drucke aus der venezianischen Offizin des Manutius, Aldinen genannt, bestechen durch ihre herausragende handwerkliche Qualität, waren vor allem aber zentrale Dokumente der Wiederentdeckung antiker Autoren und ihrer Werke im Humanismus. Nach Aldus' Tod übernahm Asulanus die Offizin. 1525 erhielt er das Privileg, die großen antiken Mediziner zu verlegen. Da im Vorgriff darauf eine internationale Gruppe gelehrter Mediziner die griechische Gesamtausgabe der Werke Galens bereits vorbereitet hatte, konnte diese noch 1525 erscheinen.
Einer der Käufer des nicht eben leicht erschwinglichen Drucks (Erasmus von Rotterdam überliefert einen Preis von 30 Gulden) war Janus Cornarius (1500-1558). Als Übersetzer und Verfasser einflussreicher Schriften zur Medizin zählt der Arzt Cornarius zu den wichtigen Autoritäten des Humanismus. An der Universität Wittenberg, wo er ab 1519 wirkte, lehrte er zunächst lateinische und griechische Grammatik, bevor er 1523 zum Lizentiat der Medizin graduierte. Spätere Lebenswege führten ihn in mehrere europäische Länder, danach u.a. nach Marburg und Zwickau. Am 1. Januar 1557 wurde Cornarius zum Medizinprofessor in Jena ernannt, also noch in der Endphase der dortigen akademischen Schule. Sein Wirken in Jena fand allerdings nur wenige Wochen nach der feierlichen Eröffnung der Universität (2. Februar 1558), deren erster Dekan der medizinischen Fakultät er war, ein jähes Ende: Am 16. März 1558 erlag Janus Cornarius einem Schlaganfall.
Dass Cornarius' Handexemplar der Galen-Gesamtausgabe von 1525 nach seinem Tod als einer der ersten Zugänge in die seit 1549 bestehende Fürstlich Sächsische Bibliothek in Jena gelangte, ist ein Glücksfall: Der Druck musste nicht allein den Mediziner Cornarius, zu dessen Forschungs- und Lehrinhalten Galen stets gehörte (einem seiner Söhne gab er den Namen Galenus - auch er wurde Arzt), sondern auch den an vielen Bearbeitungen alter Handschriften meisterlich geschulten Philologen herausfordern. So ist es kaum verwunderlich, dass er sein Exemplar mit zehntausenden winzigen Randbemerkungen - Verbesserungen des griechischen Texts und lateinische Kommentare - füllte. Ein Produkt dieser Arbeit war seine 1549 bei Froben in Basel gedruckte eigene Ausgabe der Werke Galens.
Die Bedeutung dieses Handexemplars wurde schon früh erkannt. 1788/89 publizierte der Jenaer Mediziner Christian Gottfried Gruner (1744-1815) in Jena eine Edition "Iani Cornarii Coniecturae et Emendationes Galenicae". In die Leipziger Galen-Gesamtausgabe von 1884/93 (Teubner) flossen sie ein. Noch heute ist das Handexemplar für die Forschung zu Galen und Cornarius eine Fundgrube. Um die Voraussetzungen zu schaffen, Cornarius' intellektuelle Auseinandersetzung mit Galen leicht zugänglich zu erforschen, wurden die fünf Bände vor wenigen Wochen in der ThULB digitalisiert.
Signatur: 2 Med.V,2a-e
Ansprechpartner: Dr. Joachim Ott