DIE SACHE HAT EINEN HAKEN


Die Frau eines Zimmermannes entdeckte beim Lehmhacken in einer Lehmgrube unterhalb von Dornburg/Saale zufällig im März 1811 zusammen mit weiteren Bronzefunden diese Hakenspirale. Diesen sogenannten Hort verkaufte sie an den Schmied der Stadt. Dieser veräußerte ihn wiederum an den Jenaer Kupferschmied Pflug, der den Fund in einem Brief vom 03. April 1811 an den Landesherren Herzog Karl August von Sachsen-Weimar meldete. Um die näheren Umstände des Hortes zu klären, nahmen im Auftrag des Landesherrn, der Obrist Franz Ludwig von Hendrich sowie der Weimarer Bibliothekar Christian August Vulpius die Fundstelle in Augenschein. Bei dieser Besichtigung wurden weitere Objekte des Hortes geborgen, der Fund vom Herzog aufgekauft und an Johann Wolfgang von Goethe (seinerzeit Geheimrat und Minister) zur Untersuchung übergeben. So wurde der Hort als solcher bewahrt und gelangte über die Weimarer Bibliothek schließlich 1863 in die Sammlung für Ur- und Frühgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Zu dem Hort gehören insgesamt zehn Bronze-Objekte, darunter ein Lappenbeil, ein Tüllenbeil, ein Griffzungendolch sowie mehrere Armspiralen; Goethe beschäftigte sich jedoch nur mit der Hakenspirale intensiver. Er beschrieb in einem Artikel von 1812, der auch den Beginn Goethes Beschäftigung mit der Prähistorischen Archäologie markiert, das aus Bronzedraht halbkugelförmig gedrehte Objekt erstmals und deutete es als Bestandteil einer weiblichen Trachtausstattung, bei der es sich "wahrscheinlich um die Brustdecke oder Brustberge eines Weibes" handelte. Diese Deutung griff über 100 Jahre später Gotthard Neumann wieder auf, beschrieb die Spirale ebenfalls als weiblichen Brustschmuck und erstellte eine entsprechende, zeichnerische Rekonstruktion. Heute kann man aufgrund von vergleichbaren Funden aus Gräbern die Zuweisung zur weiblichen Tracht bestätigen. Ob es sich dabei allerdings um einen Kappen- oder Haarschmuck oder um einen Gehängeschmuck im Bereich des Oberkörpers handelt, kann nicht sicher geklärt werden und stellt ein Desiderat der Forschung dar.

Literatur:
von Goethe, Johann Wolfgang: Zwei teutsche Alterthümer, Curiositäten der physisch-literarisch-artistisch-historischen Vor- und Mitwelt 2.3 (1812), S. 266.
Neumann, Gotthard: Vor- und Frühgeschichte der Ortsflur Dornburg a. S., Jena 1937, S. 7 ff.
Schunke, Torsten: Der Hortfund von Hohenweiden-Rockendorf, Saalkreis, und der Bronzekreis Mittelsaale. Ein Beitrag zur bronzezeitlichen Kulturgruppengliederung Mitteldeutschland, Jahresschrift für die mitteldeutsche Vorgeschichte 88 (2004), S. 219-338.

Herausragende Objekte aus den Sammlungen der Friedrich-Schiller-Universität Jena  werden in der Thüringer Landesausstellung "Die Ernestiner. Eine Dynastie prägt Europa" bis zum 28. August gezeigt. Dazu gehört auch die hier vorgestellte spät-bronzezeitliche Hakenspirale.

Spät-bronzezeitliche Hakenspirale (Teil eines Hortfundes).
Fundort: Dornburg/ Saale (Saale-Holzland-Kreis).
Inventar-Nr.: 4499.
Maße: Höhe 7,8 cm, Breite max. 13,5 cm, Gewicht 204 g.
Zeitstellung: Ha B1 - B2/3 (um 1.000 bis 800 v. u. Zeit).

(Dr. des. Enrico Paust)